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Nichts war wahr, alles war erlaubt…


Ezio Auditore da Firenze
1459-1524
In Memoriam

"Ich habe in meinem Leben stets das bestmögliche im Rahmen meiner Fähigkeiten gegeben, aber weder Schicksal, Zorn noch Schmerz konnte ich entkommen. Bring mir die Antworten und zeig mir den Weg, der zur Wahrheit führt. Enthülle mir ein für alle Mal, wie dies alles enden wird." - Ezio Auditore

Ezio AuditoreDu warst ein Held, ein wahrhaft großer Mann, wie es ihn zu deiner Zeit keinen Zweiten gab und hinterher lange auch keinen mehr geben sollte. Du hast deinen Worten Taten folgen lassen, wo andere nur hohle Phrasen von sich gaben. Du hast jenen geholfen, die zu schwach waren, um sich selbst zu helfen, und deine Stimme für diejenigen erhoben, die ohnmächtig waren und stumm vor Angst. Der Respekt und die Anerkennung aller Menschen, deren Weg du gekreuzt hast und die dich einen Freund nennen durften, war dir ebenso sicher wie der Hass und die Verachtung deiner Feinde, deren Zahl Legion war.
Große Männer werden nach ihrem Tod geehrt: man benennt Straßen und Schulen nach ihnen, ihr Antlitz schmückt überlebensgroße Statuen und Reliefs, ihre Namen erscheinen in jedem Geschichtsbuch, die ganze Kapitel ihren Taten und Worten widmen, und in der Heldenliste im Pantheon der Menschheit. Nichts davon wurde dir zuteil. Dein Name ist längst aus dem Gedächtnis der Menschheit entschwunden und wird nur noch in Ehrfurcht genannt von denen, die dir nachfolgten. Deine Taten sind inzwischen zu Legenden geworden, mündlich überliefert, doch nirgends festgehalten. Längst bist du zu deinen Ahnen zurückgekehrt und die wenigen, die dein Erbe verwalten und vor dem völligen Vergessen bewahren, kannten dich nicht mehr persönlich.
Du warst Ezio Auditore da Firenze, deines Zeichens ein Assassine und ein Meister deiner Zunft, so wie es zu seiner Zeit Altaïr Ibn-La'Ahad war. Diese Zeilen sind zu deinem Gedenken.
Geboren wurdest du am Johannistag Anno Domini 1459. An jenem 24. Juni gebar Maria Auditore, Ehefrau des in Florenz hoch angesehenen Bankiers Giovanni Auditore, ihrem Mann einen weiteren Sohn. Zunächst sah es jedoch nicht gut für dich aus. Bereits dein erster Atemzug entwickelte sich zu einem Kampf ums Leben, den du jedoch gewinnen konntest. Dein Vater nannte dich lächelnd einen Kämpfer, einen wahren Auditore. Du konntest damals noch nicht wissen, dass der Kampf in Zukunft zu deinem ständigen Begleiter werden sollte, der fast jeden deiner Schritte lenkte und dein Schicksal maßgeblich beeinflusste.
Behütet wuchst du im Kreis deiner Familie auf, zusammen mit deinen Brüdern Frederico und Petruccio und deiner Schwester Claudia. Im Laufe der Jahre und deiner Jugend entdecktest du all die Wunder um dich herum, die die Welt für dich bereithielt. Frederico nahm dich schon bald unter seine Fittiche, zeigte dir, wie man über die Dächer von Florenz schlich, jeden noch so schmalen Mauervorsprung nutzte, um elegant dorthin zu gelangen, wo sich sonst nur die Wachen der Stadt aufhielten. Keine Hauswand war euch zu schwer, kein Turm zu hoch. Zusammen habt ihr die Freuden des Weins und die Gesellschaft hübscher Frauen genossen. Euer Leben war gut, das Beste, was man haben konnte. Nie sollte es zu Ende gehen, stets sollte so bleiben, wie es gerade war.
Doch schon damals hast du geahnt, dass das Leben mehr von dir verlangen würde, als nur eine Lehre zu absolvieren und später Karriere im Bankhaus deines Vaters zu machen, aber du konntest nicht wissen, welchen Preis das Schicksal für diese Erkenntnis von dir fordern würde.
Mit 17 schien dein Leben sorglos zu sein: Cristina Vespucci war deine erste große Liebe, Vieri de´Pazzi und seine Bande deine ersten Widersacher, an denen du nur zu gern die Techniken ausprobiert hast, die dir Frederico im Laufe der Jahre beigebracht hatte. Das drohende Unheil jedoch, welches über dem Hause Auditore wie ein Damoklesschwert hing, konntest du nicht kommen sehen. Dein Vater und deine Brüder wurden verhaftet und nur du warst in der Lage, sie aus ihrer misslichen Situation zu befreien. In einem geheimen Raum fandest du, wie von Giovanni beschrieben, eine seltsame Rüstung, Waffen, eine Kodexseite und einen versiegelten Brief, den du Umberto Alberti, einem langjährigen Freund der Familie, bringen solltest. Er enthielt den Beweis einer Verschwörung gegen die Mächtigen von Florenz und die Familie Auditore, deren Unschuld mit diesen Zeilen bewiesen werden konnte.
Leonardo da VinciWie so oft im Leben erwies sich jedoch gerade der Freund letztendlich als Feind. Anstatt die Beweise ihrer Unschuld bei der öffentlichen Verhandlung vorzulegen, bestritt Alberti deren Existenz und verurteilte die inhaftierten Auditores zum Tode durch den Strick; ein Urteil, das sofort vollstreckt wurde. Nur dem Eingreifen von geheimen Kontakten deines Vaters hattest du es zu verdanken, dass du diesen Tag lebend überstandest. Paola, einer dieser Kontakte und Leiterin eines gut frequentierten Bordells, die Maria und Claudia Auditore Unterschlupf gewährte, lehrte dich, wie man heimlich die Taschen der Passanten plünderte und wie man danach unerkannt in der Menge untertauchte. Ein Freund deiner Mutter, der berühmte Leonardo da Vinci, reparierte für dich die verborgene Klinge, die neben dem Schwert deines Vaters in der geheimen Truhe gelegen hatte. Mit diesem neuen Wissen und der Waffe war dein nächster Schritt klar: Umberto Alberti musste sterben. Während einer Kunstausstellung fand Alberti den Tod durch deine Klinge und allen war danach klar, dass der Name Auditore mit dir weiterlebte, dass noch ein Mitglied der Familie übrig war, welches auf Rache sann. Deine Flucht vom Ort der Tat gelang.
Nun, zugleich zu einem der meist gesuchtesten Männer Florenz' aufgestiegen und zum neuen Oberhaupt deiner Familie, lag es an dir, deine Mutter und Claudia sicher aus der Stadt zu bringen. Euer Ziel war die befestigte Stadt Monteriggione, in der die heruntergekommene Familienvilla der Auditores stand. Kurz vor eurem Ziel stellte sich dir jedoch ein alter Feind in den Weg: Vieri de´Pazzi, einer der Mitverschwörer gegen die Stadt Florenz. Allerdings machte das beherzte Eingreifen deines Onkels Mario Auditore dem Spuk ein rasches Ende.
Dein Onkel war es dann auch, der dir die Augen öffnete und dir die Wahrheit präsentierte, von deren Existenz du bislang keine Ahnung hattest: dein Vater und sogar Frederico waren beide Assassinen, Mitglieder einer uralten Zunft, die im ständigen Kampf gegen die Templer standen, welche der ganzen Welt ihre Vorstellungen aufzwingen wollten und im Geheimen nach der Herrschaft über alle Menschen strebten. Mario lehrte dich diverse Techniken der Assassinen und deren Credo, welches ihr Handeln und Tun bestimmte:

„Wo andere blind der Wahrheit folgen, bedenke … nichts ist wahr. Wo andere begrenzt sind durch Moral und Gesetz, bedenke ... alles ist erlaubt. Wir arbeiten im Dunkeln, um dem Lichte zu dienen. Wir sind Assassinen. Nichts ist wahr, alles ist erlaubt.“

Rodrigo BorgiaBeseelt von dem Gedanken an Rache für deine Familie führte dich dein Weg zurück nach Florenz, nach Venedig, Forli und San Gimignano, stets auf der Spur der Verräter, die den Tod deiner Brüder und deines Vaters verschuldet hatten. Sie alle fanden den Tod und jeder von ihnen offenbarte dir ein weiteres Teil des Puzzles, das dich der Lösung und dem obersten Anführer der Verschwörung näherbrachte: Rodrigo Borgia, Kardinal von Rom und späterer Papst. Ein Templer, der sich für einen Propheten hielt und der mit Hilfe sogenannter Edensplitter die Menschheit unter seinen Willen zwingen wollte.
Du warst jedoch nicht allein auf deinem Weg. Zahlreiche Menschen halfen dir dabei, dein Ziel zu erreichen: Lorenzo de Medici, der tief in deiner Schuld stand, Paola, die Hure, La Volpe, Antonio und Rosa, allesamt ehrbare Diebe, der Haudegen Bartolomeo d'Alviano und die bezaubernde Caterina Sforza, die Herrin von Forli. Nicht vergessen durfte man natürlich Leonardo da Vinci, dessen technischer Verstand deine Ausrüstung ständig verbesserte und der dir dabei half, das Geheimnis zu ergründen, welches die Kodexseiten umgab, die du in den Städten gesammelt hattest.
Alle Beweise, alle enthüllten Geheimnisse wiesen letztlich in eine Richtung: Rom. Dort kam es zum finalen Kampf gegen Rodrigo Borgia, besser bekannt als Alexander VI, Oberhaupt der römisch katholischen Kirche und Anführer der Templer. Durch eine Finte gelangte er in den Besitz des Edensplitters, den du in Verwahrung hattest, und kombinierte ihn mit dem Hirtenstab des Papstes zur - aus seiner Sicht - ultimativen Waffe, mit der er dir im Kampf gegenübertrat. Der Sieg jedoch war dein und schließlich enthülltest du die wahre Bestimmung des Splitters: er war der Schlüssel zu einer unterirdischen Katakombe, in der ein Abbild der Göttin Minerva zu dir sprach und von schrecklichen Ereignissen erzählte, die in der Vergangenheit geschehen waren und in Zukunft wieder geschehen würden. Mit diesem Wissen kehrtest du mit deinem Onkel Mario nach Monteriggione zurück, das dank deiner unermüdlichen Arbeit und finanziellen Unterstützung wieder im alten Glanz erstrahlte.
Cesare BorgiaWahrscheinlich dachtest du nun, du könntest ein friedliches Leben im Schutz der Mauern der Auditore-Villa und in Gesellschaft deiner Familie verbringen, doch deine Feinde, die du besiegt glaubtest, hatten anderes im Sinn: Rache. Eine Borgia Armee unter der Führung Cesare Borgias, dem Sohn Rodrigos, schleifte die Mauern Monteriggiones, tötete deinen Onkel und erklärte dir den Krieg. Verletzt entkamst du dem Gemetzel. Auch Mutter und Schwester konnten sich dank deiner Hilfe nach Florenz retten.
Dein Weg war jedoch ein anderer: nach Rom, dem Herzen der Borgia-Herrschaft, in dem du deinen Stahl versenken wolltest, um dem Schrecken endlich ein Ende zu bereiten. Nach und nach stellten sich die Erfolge ein. Mit Hilfe des Assassinen-Ordens, der neu gegründet wurde und für den du aus der geknechteten Masse passende Männer und Frauen rekrutiert hattest, und der Hilfe der Diebe und Huren Roms wurde die heilige Stadt aus dem Würgegriff der Borgia befreit. Rodrigo Borgia fand den verdienten Tod: nicht durch deine Hand, sondern durch sein eigen Fleisch und Blut, das den Namen Cesare trug. Die Borgia in Rom waren besiegt, ihr Einfluss auf die Stadt und ihre Mächtigen zerstört, doch noch lebte ein Kopf der Hydra, deren Name Templer lautete. In Spanien fand endlich auch der letzte römische Templer Cesare Borgia, der seiner Inhaftierung entflohen und in die Heimat seines Vaters zurückgekehrt war, den Tod. Er stürzte - von dir gestoßen - von einer Mauer in die Tiefe hinab, wo das Schicksal über den dem Wahnsinn verfallen Borgia richten sollte, der glaubte, dass keines Mannes Hand ihn töten könnte.
Altaïr Ibn-La'AhadWoher ich das alles weiß? Wer ich bin? Das sind die Fragen, die du mir stellen würdest, wenn du die Gelegenheit dazu hättest.
Ich bin Fleisch von deinem Fleisch, ich war all die Zeit bei dir, ohne dass du mich bemerkt hast. Ich habe zusammen mit dir gelitten, gelacht, geweint und geliebt; habe deine Schritte gelenkt, deine Gedanken gedacht und dein Schwert geführt. Wir waren eins.
Mein Name ist Desmond Miles, meines Zeichens ein Barkeeper – oder Mundschenk, wie man es zu deiner Zeit gesagt hätte - aus einer Stadt, die so zu deiner Zeit noch nicht existiert hat. Auch ich folge dem Credo der Assassinen, denn die Gefahr, die damals durch die Templer drohte, ist auch heute noch nicht gebannt. Ihr dunkler Arm reicht von deiner Zeit bis weit in meine und es ist meine Aufgabe, in deine Fußstapfen zu treten, so wie du in die Fußstapfen von Altaïr Ibn-La'Ahad getreten bist. Ich bin der Erbe seiner und deiner Blutlinie, das letzte Glied in einer Kette von Assassinen, bereit zum finalen Kampf gegen den übermächtig scheinenden Feind.
Desmond MilesAllerdings fehlen mir noch einige Details, um dieser Aufgabe gerecht werden zu können. Was geschah, nachdem du Cesare getötet hattest? Welche Geheimnisse hast du noch enthüllt? Was erwartet mich, wenn ich im Animus, durch unsere gemeinsamen Gene miteinander verbunden, erneut in deine Haut schlüpfe?
Erst in einigen Wochen werde ich erfahren, was damals geschehen ist, denn ich selbst war verloren im Animus, mein Selbst und alles, was mich und meine Persönlichkeit ausmachte, war zersplittert und unvollkommen. Erst jetzt, wo ich wieder zum mir selbst gefunden habe, kann ich deine letzte Reise nachvollziehen, die ich bislang nur in Bruchstücken kenne: Syrien, Masyaf, die alte Festung der Assassinen, und die Visionen, die du von meinem Urahn Altaïr hattest. Was haben sie dir enthüllt? Wird es mir in meinem Kampf gegen die Templer helfen können? Ich hoffe, diese Fragen werden sich schon bald klären.
Ich weiß, du bist tot und längst Vergangenheit, doch in meinen Genen, in mir, lebst du weiter. Ich werde die Erinnerung an dich stets in meinem Herzen bewahren und sei gewiss, deine Taten und Worte werden nie vergessen, solange unsere gemeinsame Blutlinie fortbesteht:

Requiescat in Pace, Ezio


(Dan)



Witchers News, Jg. 3, Nr. 19 vom 01.10.2011, S. 7-10


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