Review


Good Old Games

Die Witchers Journal Retrospektive


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Kaum einer ahnte, welch eine Perle das am 20.08.1999 von den Firmen Appeal und Infogrames veröffentlichte Spiel im Laufe der Jahre werden sollte: Outcast, ein Action-Adventure, das wahlweise in Third-Person oder Egoperspektive gespielt werden konnte. Ein Spiel, das auch heute noch, über 14 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung, eine treue Fangemeinde sein Eigen nennen kann und ständig neue Spieler begeistert, obwohl es grafisch betrachtet schon lange nicht mehr auf der Höhe der Zeit liegt.
Wie kommt das?
Zunächst ein wenig zum Inhalt des Spiels:
Hauptakteur und damit der spielbare Charakter von Outcast ist Cutter Slade, ein Nahkampfspezialist und ehemaliger Navy Seal, dem zu Unrecht der Tod eines Kameramanns bei einer von ihm überwachten PR-Aktion zur Last gelegt wurde. In der Folge seines Rauswurfs bei den Navy Seals ergibt sich der verbitterte Cutter dem Alkohol, der seine ohnehin schon vorhandene zynische Seite noch stärker zutage treten lässt.
Im Jahr 2007 erhält er einen Spezialauftrag und damit die Möglichkeit, sich zu rehabilitieren: Er soll die Wissenschaftler William Kauffman, Anthony Xue und eine Exobiologin auf eine Expedition begleiten, um für deren Schutz zu sorgen. Keine leichte Aufgabe, denn die Expedition führt die vier auf einen fremden Planeten mit Namen Adelpha. Den beiden Wissenschaftlern ist es nämlich mit Hilfe einer Sonde, den Theorien von Kauffman und einer eigens entwickelten Energiequelle von Xue gelungen, die Existenz von parallelen Welten und Universen zu beweisen. Einziger Wermutstropfen: Die Sonde wurde auf dem fremden Planeten von einem Einheimischen durch eine unbekannte Energiewaffe so stark beschädigt, dass es zu einer Rückkopplung kam, infolge dessen ein schwarzes Loch über der Erde entstand, das den Planeten innerhalb der folgenden 25 Tage zu verschlingen droht. Die einzige Möglichkeit, die Erde vor diesem Schicksal zu bewahren besteht darin, ein Team auf den Planeten zu schicken, um die nun fehlerhafte Sonde mit Hilfe von fünf Chipkarten zu reparieren.
Kurz vor der Reise lernt Cutter die Exobiologin kennen. Es handelt sich um Marion Wolfe, die Reporterin, die seinerzeit den Tod des Kameramanns verschuldete; eine Tatsache, die dank ihrer einflussreichen Mutter, einer Senatorin, dem Navy Seal angehängt wurde. Cutters Begeisterung hält sich dementsprechend in Grenzen. Sie selbst hatte sich strikt vom Vorgehen ihrer Mutter distanziert, den Journalismus aufgegeben und sich stattdessen dem Studium der Exobiologie gewidmet.
Im Abstand von wenigen Minuten werden die vier Expeditionsteilnehmer auf die Reise geschickt, doch irgendetwas geht gewaltig schief. Cutter erwacht mit einem heftigen Brummschädel in Ranzaar, einer kalten, mit Eis und Schnee überzogenen Region des Planeten Adelpha. Ohne Xue, Kauffman und Wolfe. Ohne Ausrüstung. Als wäre das nicht schlimm genug, so findet er sich inmitten von Außerirdischen wieder, die ihn für den Ulukai halten, eine Art Messias, der sie laut ihrem verstorbenen spirituellen Führer Kazaar von der tyrannischen Herrschaft des Fae Rhan und seiner Krieger befreien wird. Diese Außerirdischen, die sich selbst Thalaner nennen, sind Dolotaiwächter, die sich zu den Rebellen im Kampf gegen Fae Rhan zählen. Sie helfen Cutter bei der Suche nach seiner Ausrüstung und seinen Expeditionsmitgliedern so gut es ihnen möglich ist, erwarten im Gegenzug allerdings, dass Cutter ihnen im Kampf gegen die Unterdrückung hilft.

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So reist Cutter Slade durch sogenannte Daokas, die den Stargates aus der gleichnamigen Fernsehserie wohl nicht zufällig in Funktion und Aussehen ähneln, durch die verschiedenen Regionen von Adelpha: Ranzaar, Shamazaar, Talanzaar, Okasankaar, Motazaar und Okaar, stets auf der Suche nach den vermissten Begleitern und der verlorenen Ausrüstung. Diese ist zum Teil in den klimatisch unterschiedlichen Zonen in freier Natur zu finden. Wichtige Waffen und Upgrades hingegen muss Slade bei den Händlern in den verschiedenen Regionen für bare Münze oder einige Gefälligkeiten, die es zum Teil in sich haben, eintauschen. Ohne die Hilfe der Thalaner jedoch ist sein Auftrag nicht zu erfüllen, so dass er viel Zeit darin investieren muss, sich ihre Probleme anzuhören und diese dann auch für sie zu lösen. Manche Orte sind schwer bewacht, wichtige Daokas werden zudem von Fae Rhans Männern beschützt, die es zunächst auszuschalten gilt. Im Laufe des Spiels hilft Cutter dem Widerstand, indem er wichtige Nachschublinien für die Krieger zum Erliegen bringt und erhält im Gegenzug dafür den Zugang zu den fünf Mons, den heiligen Objekten von Adelpha, die sich zu Slades Überraschung als die notwendigen Computerchipkarten entpuppen, die zur Reparatur der vermissten Sonde benötigt werden.
So kämpft der Ex-Navy Seal sich seinen Weg in Echtzeit durch die Regionen Adelphas, muss seine Geschicklichkeit und seinen Hirnschmalz nutzen, um hinter die Geheimnisse Adelphas zu kommen. Ach ja, um Marion Wolfe, die im Laufe der Story wieder zu ihm stößt, muss er sich widerwillig auch noch kümmern. Was jedoch mit William Kauffman und Anthony Xue passierte, sei an dieser Stelle nicht verraten, denn die Story offenbart gerade zum Ende einige Twists, mit denen man nicht gerechnet hätte.
Das besondere an Outcast ist seine offen begehbare und wunderschön gestaltete Welt. Sie wird mit Hilfe von Voxel- und Polygontechnik entwickelt und weist so weniger Ecken und Kanten auf als vergleichbare Spiele der Zeit, die nur auf Polygonen basieren. Besonders beeindruckend ist die enorme Sichtweite, die man beim Spielen genießen kann. Auch die Darstellung des Wassers mit seinem Wellengang und der Reflexion des Himmels und anderer Objekte ist für die damalige Zeit erstaunlich. Die Entwickler haben sich beim Design der verschiedenen Regionen des Planeten Adelpha viel Mühe gegeben. Keine Region gleicht der anderen: Ranzaar ist die Eis- und Schneewüste, Shamazaar ein sumpfiges Gebiet, in dem in hübsch anzusehenden Terrassen das für die Ernährung wichtige Rizi angebaut wird. Talanzaar gehört mit seiner unendlichen Wüste, die die Stadt Okriankar umgibt, ebenso zu den unwirtlichen Gebieten wie auch Motazaar, das durch extreme Trockenheit und tödliche unter- und oberirdische Lavaströme gekennzeichnet ist. Okasankaar ist eine Region, in dem vorherrschend der Fischfang betrieben und das von sumpfigem Gebiet begrenzt wird, in dem gefährliche Kreaturen nur darauf warten, dass ihnen jemand zu nahe kommt. Und last but not least Okaar, die geheimnisvolle Dschungelwelt, in der die Thalaner nur zur Jagd unterwegs sind. Okaar ist zugleich auch das Hauptziel des Spiels, denn hier ging die Sonde nieder, die es zu reparieren gilt.

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Neben der für die damalige Zeit beispielhafte Grafik ist auch die Vertonung des Spiels erwähnenswert. Die Synchronisierung geschah auf hohem Niveau, so wurde Cutter Slade von niemand geringerem als Manfred Lehmann gesprochen, der deutschen Stimme von Bruce Willis. Die zynischen Sprüche und oft sarkastischen Bemerkungen, die Cutter im Spiel loslässt, tragen sehr zur Atmosphäre des Spiels bei.
Die musikalische Untermahlung wurde von Lennie Moore komponiert und mit dem Moskauer Sinfonieorchester unter der Leitung von William T. Stromberg eingespielt. Dabei griff Moore zu einer Vermischung von klassischer Musik mit exotischen und esoterischen Elementen. Jede Region bekam ihre eigene unverwechselbare Musik. So ist in der Stadtwelt Talanzaar eine armenische Flöte zu hören, die den Eindruck einer orientalischen Stadt verstärken soll, während in der Dschungelwelt Okaar hauptsächlich afrikanische Schlaginstrumente zum Einsatz kamen, um die Wildheit und Unberührtheit von Okaar zu unterstreichen.

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Outcast verwendete als KI die Game's Artificial Intelligence with Agents, kurz GAIA genannt, die jedem Lebewesen auf Adelpha einen vorgegebenen Tagesablauf und Reaktionsschemata auf die Handlungen des Spielers gab. So reagieren die Thalaner instinktiv mit Ducken, wenn Cutter Slade in ihrer Nähe zu schießen beginnt, während Kriegerthalaner Slade bei Sichtkontakt in gesperrten Zonen sofort angreifen. GAIA führt teilweise zu überraschenden Momenten, wenn Cutter zum Beispiel einen bestimmten Thalaner suchen muss, der im Laufe des Tages mit seinem Twonha, einem adelphischen Aquivalent eines irdischen Last- und Reittieres, fast ganz Shamazaar umrundet.

Outcast wurde zunächst auf zwei CD-Roms ausgeliefert, erschien jedoch doch schon im darauf folgendem Jahr auch auf dem neuen Datenträger DVD und gehörte so zu den ersten Titeln, die dieses neue Medium nutzten. Das Spiel erhielt verschiedenste Preise: Den Sonderpreis der Game Critics Awards auf der E3 1999 für herausragende Leistungen im Bereich Sound. Vom Computerspiel-Onlinemagazin Gamespot wurde Outcast als „Adventure Game of the Year“ ausgezeichnet, ebenso wie von dem Printmagazin Computer Gaming World im Rahmen seiner 2000 Premier Awards. Die DVD-Fassung wurde als „Beste Europäische DVD“ auf der DVD Summit III in Dublin und als „DVD Champion des Jahres“ 2000 in der Kategorie Spiele ausgezeichnet. Auch deutsche Spielemagazine zeigten sich durchaus begeistert. PC Player und Gamestar vergaben Spielspaß-Bewertungen von 86 beziehungsweise 87 Prozent. Auch die PC Games zeigte sich sehr angetan. PC Games-Autor Peter Kusenberg beeindruckten vor allem die Qualität der Umgebungsgrafik und die künstliche Intelligenz der Gegner. Leider führten die hohen Hardware-Anforderungen und häufige Grafikfehler nur zu einer Bewertung von unter 90 Prozent.

Eine Fortsetzung von Outcast mit dem Namen „Outcast, the lost Paradise“, in dem eine Fortsetzung der Story mit Hilfe des nicht aktivierbaren Daokas in Okaar vermutet wurde, war zwar geplant, wurde jedoch nie realisiert, da der Entwickler Appeal 2002 Insolvenz anmelden musste, von der die Firma sich nicht mehr erholen sollte. Eine Onlinepetition, die Rechte an dem Spiel an einen neu gegründeten Entwickler unter der Leitung des früheren Outcast-Directors Yves Grolet und weiterer Appeal-Mitarbeiter, stieß bei Infogrames auf taube Ohren und verlief deshalb im Sande.
Seit 2004 allerdings besteht ein Fanprojekt mit Namen „Open Outcast“, das auf Basis der CryEngine 3 an einem inoffiziellen Nachfolger bastelte. Wann allerdings mit der Fertigstellung zu rechnen ist, steht derzeit in den Sternen.

Wo man Outcast heutzutage noch bekommen kann? Auf Amazon ist das Spiel zum Teil noch für den relativ hohen Preis von 39.95€ zu erhalten, gebraucht ab 19,95€. Bei Ebay erreicht das Spiel auch heute noch ähnliche Preise.
Am preisgünstigsten erhält man Outcast jedoch bei www.gog.com.
Zur Zeit kostet es dort 5,99 $, umgerechnet etwa 4,45 €. Der Vorteil zu Käufen auf Amazon oder Ebay, die die alten Originalversionen auf CD-Rom beziehungsweise DVD anbieten, ist die Tatsache, dass die GoG-Version wohl die fortschrittlichste ist. Man benötigt weder einen Datenträger noch die bislang von Infogrames herausgegebenen Patches für das Spiel. Zudem läuft es auch unter Windows 7 mit 64-Bit-Betriebssystem.

Wer sich also mit dem Gedanken trägt, sich dieses Spiel zuzulegen, dem kann ich nur beherzt zum Griff beziehungsweise Download bei GoG raten. Lasst euch nicht davon abschrecken, dass das Spiel dort nur in Englisch angeboten wird. Zum einen ist auch die englische Sprachversion top, zum anderen lässt sich mit wenigen Handgriffen auch eine deutsche Version herstellen. Die Anleitung dazu findet man unter: http://www.gog.com/forum/outcast/german_language
Also dann, mögen die Yods mit euch sein...

(Dan)



Witchers Journal, Jg. 1, Nr. 1 vom 01.07.2013, S. 19-22


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