Interview mit der Künstlerin Tanya Anor
Wer Fanarts zum Witcher und überhaupt zur Geralt-Saga von Andrzej Sapkowski sucht, gelangt früher oder später unweigerlich zu Bildern auf DeviantArt (dA) - und wird dort auch ihre Werke entdecken und bestaunen. Für mich persönlich sind sie atemberaubend und (über Geschmack kann man gerne streiten) die besten Illustationen, die ich mir für die Bücher der Geralt-Saga vorstellen kann. Grund genug, diese junge talentierte Künstlerin den Lesern des Witchers Journal in unserer Fanarts-Rubrik einmal näher vorzustellen.
*** Dove: Ich habe dir ja schon vor einigen Monaten angekündigt, dass ich gern ein Interview mit dir machen möchte für unsere Zeitung. Heute nun ist es soweit. (*)
Tanya, du zeichnest ja nicht nur, sondern bist auch fotogen und hast offenbar ein Faible für bestimmte Charaktere aus Games, Kino und TV. Was sollte man noch über dich wissen? Beispielsweise woher du kommst und was tust du derzeit?
Tanya: Vielen Dank für die lieben Worte zu meiner Kunst und mir, es bedeutet mir sehr viel. Danke!
Ich wurde in einer Stadt namens Tula geboren und bin dort aufgewachsen, in der Nähe der russischen Hauptstadt [Moskau]. Ich habe an einer Kunstschule studiert, anschließend schrieb ich mich in der Designfakultät der Staatliche Universität Tula ein. Dort habe ich diesen Sommer einen Abschluss als Graphikdesignerin erworben.
Zurzeit habe ich keinen festen Job, arbeite aber etwas freiberuflich.
Dove: Welche Bedeutung hat dein Username “JustAnoR” auf DeviantArt und wie bist du auf diesen Namen gekommen?
Tanya: „JustAnoR“ bedeutet „nur Anor“, es stammt aus Tolkiens Elfensprache Sindarin. „Anor“ bedeutet übersetzt „Sonne“. Aber das ist eine lange epische Geschichte über mich selbst und meine Leidenschaft zu “Der Herr der Ringe”.
Dove: Nun einige Fragen für unsere künstlerisch ambitionierten Leser, zuerst: Was sind deine favorisierten Techniken beim Zeichnen?
Tanya: Nun ja, ich bevorzuge Graphikutensilien wie Bleistifte, Kohle, Pastell und Tinte. Falls ich etwas Farbiges zeichne, benutze ich beispielsweise gerne Wasserfarben in Kombination mit Tinte. Tintenzeichnungen sind mir aber am liebsten – es ist eine exquisite Technik.
Dove: Was fällt dir leicht, zu malen und was schwer (Techniken, Motive usw.)?
Tanya: Die für mich beste ist die traditionelle Kunst… Ich sehe das Werkzeug als eine Art Erweiterung meiner Hand an, ich weiß, wie ich es zu benutzen habe. Was ich jedoch nicht über digitales Zeichnen sagen kann, ich fühle mich dabei nicht so frei. Es ist ungewohnt für mich. Also zeichne ich etwas immer auf Papier, wie es mir gefällt, und bearbeite es später noch am Computer nach.
Dove: Was inspiriert dich beim Zeichnen?
Tanya: Das ist recht einfach und schnell gesagt – alles, was ich liebe, inspiriert mich. Das sind beispielsweise Bücher, Musik, Spiele, Filme und Personen, die ich bewundere. Einzig eine große Inspiration bringt mich dazu, etwas von Wert zu zeichnen. Fantasy Art sagt mir dabei am meisten zu und der Hexer war für mich wie eine Offenbarung. Ich war in der Lage, all meine Emotionen aus dem Buch auf das Papier zu übertragen wie nie zuvor, auch weil es kaum Illustrationen dazu gab. Das sind meine Lieblingsmotive und ich zeichne sie immer wieder sehr gerne.
Dove: Wie bist du zum Hexer gekommen? Wie war dein erster Kontakt mit Sapkowskis Werken und den Computerspielen?
Tanya: Als das erste Spiel auf den Markt kam, begann ich zu spielen und mochte es wirklich sehr. Doch ich stoppte im ersten Kapitel und entschied, zuerst das Buch zu lesen. Es war von der ersten Zeile an sehr interessant zu lesen und es fesselte meine Gedanken und Gefühle vollends. Ich las es spät nachts und meine Handflächen schwitzten vor Aufregung. Seit dieser Zeit habe ich es noch viele Male gelesen, und ich kann sagen, es ist eine der schönsten, ergreifendsten, epischsten und dramatischsten Geschichten, die ich je gelesen habe. Vielen Dank, Andrzej, für diese Fantasy!
Die Videospielserie ist ebenfalls eine sehr starke Weiterführung der Romane mit ihren eigenen Stärken und Schwächen. Der zweite Teil ist dynamischer und schöner gestaltet, doch der erste Teil ist weitaus atmosphärischer und man ist freier im Erkunden. Es ist natürlicher, als man auf den ersten Blick sehen kann. Dennoch mag ich beide Spiele, ich hoffe auch, dass das letzte Spiel das beste sein wird.
Dove: Was ist dein Lieblingscharakter aus der Geralt-Serie und warum?
Tanya: Mein Lieblingscharakter ist Ciri. Ich liebe es immer wieder, sie zu zeichnen, sie ist das beste Motiv meiner Artworks. Ciri ist für mich sehr interessant, denn wir sehen einen immensen Fortschritt von ihrer Kindheit bis zur Jugend, sie ist standhaft in den verschiedensten Situationen und ihr emotionaler Zustand und ihr Verhalten werden klasse reflektiert. Im Gegensatz zu den anderen Personen, welche im Buch bereits als „ganze“ Persönlichkeiten vorgestellt werden, war Cirilla immer ein wandelbarer und sich verändernder Charakter, es war sehr interessant, sie zu beobachten. Sie ist ein Kind des Schicksals, mit unvorhergesehenen Wendungen des Schicksals. Übrigens mag ich sie auch sehr wegen ihres Aussehens und ich habe sie immer wegen ihres Pferdes beneidet. ;P
Dove: Wie man deinem dA-Profil entnehmen kann, hast du dir mal eine eigene Buch-Edition mit Illustrationen zur Geralt-Saga erstellt. Wie kam es dazu, was umfasst es bislang und was ist aus diesem Projekt geworden?
Tanya: Das Buch war ein Teil meiner Studienaufgaben. Wir sollten ein eigenes Design mit eigenen Illustrationen zu einem von uns ausgesuchten Buch kreieren. Meine Wahl traf den Hexer, „Der Schwalbenturm“, um genauer zu sein. Keine Frage. Also gibt es somit nur ein Exemplar dieses Werkes. Aber ich würde gerne mehr dazu machen und andere Bücher aus der Serie illustrieren.
Dove: Welche anderen, für dich besonders bedeutsamen Charaktere oder Motive zeichnest du gern?
Tanya: Ich mag Assassin’s Creed, denn es ist ein tolles Spiel mit einer großartigen und starken Geschichte in jedem seiner Teile. Mein zweitliebstes Game ist Ezio’s Story. Der erste Teil war ein Durchbruch im Genre der Videospiele, denn es bot uns neue Möglichkeiten, den freien Raum zu nutzen, und es gab einen tollen Parcours – das war eine tolle Entdeckung.
Wenn man mich fragt, was ich für mich selbst am liebsten male, was nicht als Fanart zählt, so ist das meine “Changing World”. Das ist mein persönliches Projekt, die Aufnahme und Wahrnehmung von Musik auf Papier. Es beschreibt meine Gefühle und Gedanken durch die Musik.
Dove: Hast du Vorbilder?
Tanya: Ich habe keine Idole, glaube ich zumindest.
Dove: Hast du ein zukünftiges Ziel, ein nächstes Projekt als Künstlerin?
Tanya: Wie ich bereits vorher schon sagte, habe ich zurzeit keine Arbeitsstelle, aber es würde mich glücklich machen, falls jemand meine künstlerischen Fähigkeiten gebrauchen könnte.
Dove: Zum Abschluss, nicht ganz ernst gemeint: Wenn du drei Wünsche frei hättest, welche wären das?
Tanya: Ich wünsche mir eine Welt ohne Sprachbarriere, sodass man mit jedem ohne Probleme und Missverständnisse kommunizieren kann. Das ist mein größter Wunsch. Natürlich reden wir nicht über globale Fragen, doch falls wir das täten, wünschte ich mir solche Dinge wie Weltfrieden und eine Welt ohne Krankheiten. Außerdem wünsche ich mir, einmal nach Island zu reisen und ein Konzert von Sigur Ros (meine Lieblingsband) mitzuerleben. Und der letzte Wunsch besteht darin, einmal ein Charakter in Videospielen zu sein.
Dove: Danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Wir wünschen dir viel Erfolg bei deiner weiteren Arbeit und noch viele weitere tolle Werke aus deiner Feder!
(*) Das Interview wurde per Mailkorrespondez am 8. und 10. August 2013 auf Englisch geführt.
(Dove)
Weiterführende Links:
Witchers Journal, Jg. 1, Nr. 2 vom 15.09.2013, S. 26-30
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