Review


Game Crap
Die schlechtesten Spiele aller Zeiten

Nr. 4: Metal Gear Solid 2


Metal Gear Solid 2

In den frühen 80ern entdeckte Hideo Kojima seine Begeisterung für anarchistische Hochburgen, nachdem er den Film „Escape from New York“ (deutscher Titel: „Die Klapperschlange“) gesehen hatte. Daraus sollte sich nicht nur der Haupthandlungsort Outer Heaven für das Spiel Metal Gear ableiten, auch der Name des Protagonisten, Snake, wurde von John Carpenters endzeitlichem Meisterwerk für sich entdeckt. Damals wollte noch niemand die Geburtsstunde einer der größten Spielreihen der Geschichte erkennen.
Die Reihe um Solid Snake wurde erst Ende der 90er durch den Titel Metal Gear Solid für die PS1 berühmt und gilt heute noch oft als der Stärkste unter seinen Waffenbrüdern (über zwanzig Spiele). Vollkommen zu Recht: Metal Gear Solid führt uns zu der eisigen Insel „Shadow Moses“, vollkommen isoliert, inmitten des unwirtlichen Alaska. Solid Snake, der sich ebenfalls in Alaska niedergelassen und die Uniform gegen ein paar warme Stiefel eingetauscht hat, wird von der Regierung zwangsrekrutiert, und soll einer Terrorgruppe das Handwerk legen, die sich auf Shadow Moses niedergelassen hat. Die Terroristen haben sich auf einer (augenscheinlichen) Entsorgungsanlage für atomare Sprengköpfe verbarrikadiert und denken nicht daran jemanden hinein oder herauszulassen. Schwer ist es, die Brillanz und den Umfang dieses Machwerks in kurze Worte zu fassen. Eine nicht vorhersehbare Geschichte voll Spannung, Emotion und Bad Ass-Action wurde geschaffen. Ein Terroristenanführer, der dem Helden aus dem Gesicht geschnitten scheint, coole Gegenspieler, eine wasserdichte Geschichte mit vielen Höhepunkten und Tiefgang (ganz ohne Sex). Ein Erfolgstitel auf ganzer Linie. Lediglich in Deutschland gab es die üblichen Unkenrufe wegen einer angeblich nicht gelungenen Synchronisation. Seither fordern Kritiker laut, dass nie wieder deutsche Menschen einen Metal Gear-Teil synchronisieren dürfen. Auch nicht nach nun fast zwanzig Jahren dieses Missgeschicks. Wer dieses Urteil als zu hart sieht, bekommt zumeist einen Link von YouTube präsentiert, über welchen die schlimmen Fehler des Studios, ohne jeden Zusammenhang, miterlebt werden können (Sie waren schon immer zum Herzen, die Deutschen, wenn sie die Selbstkritik als kollektive Lebensaufgabe zelebrieren).
Trotz der so erschreckend deutschen Stimmen etablierte sich, sogar unter deutschen Flagellanten, Solid Snake zu einer Art John McClane unter den Computerspielhelden. Der Mann, der einst Vater und Zwillingsbruder bekämpfen musste, galt als neue Ikone und alle liebten ihn, wie er (wenn das alternative Ende gewählt wurde) mit seiner neu gewonnenen Liebe, der jungen Soldatin, am Ende in den Sonnenuntergang fuhr (naja, fast). Alle wollten mehr. Snake konnte nicht, nein, er durfte sich nicht nach Shadow Moses zur Ruhe setzen.
Sein Pensionsantrag sollte von Konami abgelehnt werden. Der Nachfolger wurde direkt angekündigt und Metal Gear-Fans leckten sich schon die Ellbogen danach.
Was jedoch geschah, das dürft ihr euch in etwa so vorstellen: Ihr kommt gerade von der Weihnachtsmesse, freut euch auf die Bescherung und stattdessen seht ihr, dass euer Haus in Flammen steht. So in etwa fühlten sich Metal Gear-Fans, als ihnen diese Fortsetzung vorgesetzt wurde, oder gar noch viel schlimmer.

Metal Gear Solid 2 Screenshot

Und warum?
Metal Gear Solid 2 hat gleich mehrere Probleme. Dieses Spiel ist eine einzige Strafe für jeden Spieler, der sich auch nur ein klein wenig für Computerspiele über Formel 1-Niveau begeistern kann. Ein Spiel, das sämtliche Charakterschwächen aufweist, die bei seinem Vorgänger um ganze Warpsprünge entfernt liegen. Dabei fängt es noch recht gut an:
Zwei Jahre sind seit Metal Gear Solid 1 vergangen. Solid Snake, der seinen Bruder Liquid Snake überdauerte, ist wieder im Einsatz. Diesmal in eigener Sache. Mit seinem neu gewonnenen Freund, Dr. Hal „Otakon“ Emrich (aus dem ersten Teil), betreibt er eine Anti-Metal Gear-Gruppe (wäre doch eine Idee für die Kritiker deutscher Synchronisationen). Die Gruppe hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle Waffen dieser Art mit Argusaugen zu beobachten. Zwar erfahren wir nicht, welches der Enden des ersten Teils für die Fortsetzung gilt, doch Geduld, wir sind ja noch am Anfang. Und was für ein Anfang: Snake schleicht auf einem vor Manhattan liegenden Tanker ein, der von einer russischen Spezialeinheit besetzt wurde (da steckt bestimmt der Putin dahinter). Snake scheint in den zwei Jahren dazugelernt zu haben, denn die Spielfigur lässt sich auf der PS2 wesentlich flüssiger steuern, auch wurden ein paar neue Moves spendiert. Mit neuen Möglichkeiten und Utensilien kämpfen oder schleichen wir uns an den Wachen vorbei, besiegen kurz einen Tutorial Boss und knipsen in James Bond-Manier ein paar Bilder des neuen Metal Gear-Models. Dann taucht Ocelot, einer der Bossgegner aus Teil 1 auf. Nach einem kurzen Moment der Wiedersehensfreude, geht der Murks auch schon los:

Was soll der Blödsinn?
Ocelot ist zurück. Das war zu erwarten, nachdem wir ihn nach dem Abspann von Teil 1 mit dem Präsidenten sprechen hörten. Und er hat einen neuen Arm. Das war nicht zu erwarten, nachdem er in Metal Gear Solid seine rechte Hand verloren hat. Ist aber kein Problem, denn mit Metal Gear 2 eröffnet sich die Ära der nie geahnten Möglichkeiten (so einen Mist konnte tatsächlich niemand ahnen). So beschreibt der angenähte Arm von Revolver Ocelot noch lange nicht die Spitze des Eisberges. Besagten Arm nahm er sich schnell von seinem ehemaligen Anführer, dem verstorbenen Liquid Snake, der seither in regelmäßigen Abständen die Kontrolle über Ocelot übernimmt. Ja, ihr habt richtig gelesen. In einem angenähten Arm steckt die Persönlichkeit seines Vorbesitzers. Das würde also bedeuteten, dass Menschen mit einer transplantierten Schweineleber, irgendwann grunzend durch den Garten rennen, um im Boden nach Engerlingen zu graben. Liquid starb am Ende des ersten Teils an dem FoxDie-Virus. Jetzt ist er zurück, denn sein Geist steckt im Arm seines einstigen Adjutanten, damit beide ab diesem Zeitpunkt (bis zu Ocelots Tod in Metal Gear Solid 4), wie Dr. Jekyll und Mister Hide in ihrer Persönlichkeit hin- und herspringen.
Ocelot, pardon, Liquid-Ocelot, stiehlt den neuen Metal Gear-Prototyp, Explosionen folgen, der Tanker sinkt und Solid Snake säuft ab. Ende des Prologs. Setzen lassen. Vielleicht wird es ja noch besser…

Nein, wird es nicht. Im Gegenteil.
Metal Gear Solid 2 - RaidenWieder sind zwei Jahre vergangen. Eine handvoll Terroristen haben auf Big Shell, einer Meeresreinigungsanlage, Geiseln genommen. Auch der US-Präsident ist unter ihnen (nicht unter den Terroristen, sondern unter den Geiseln), was natürlich das Militär auf den Plan ruft. Sie schicken die Sondereinheit Foxhound, welcher so ziemlich jeder der bekannten Figuren einmal angehörte, um wieder Ordnung auf der Station zu schaffen. Da kommt natürlich nur ein Mann in Frage. Sie schicken einen Taucher mit Codenamen „Snake“ auf die Plattform. Leider verrät uns schon die schwachbrüstige Stimme, dass unter der Taucherglocke nie und nimmer der wirkliche Solid Snake stecken kann. Nein, er hört sich nicht nach der rauchigen Stimme David Hayters an (wir haben eine ausschließlich englische Sprachausgabe), vielmehr nach einer Mischung aus Philipp Lahm und Bill Kaulitz im Stimmbruch. Schnell wird der Codename „Snake“ ad absurdum geführt, in dieser Mission heißt unser Ansprechpartner Raiden (ganz toll). Über Codec stehen ihm der farblose Colonel und Raidens nervige Lebensgefährtin Rose zur Verfügung. Letztere wird nicht müde, der armen Wurst auch noch während seiner Mission das Leben mit ihren trivialen Privatproblemen zur Hölle zu machen. Stellt euch vor, ihr in einem SWAT-Team, um unschuldige Geiseln zu befreien und dann ruft eure Alte von zu Hause an und beschwert sich darüber, dass ihr eine fast leere Milchpackung in den Kühlschrank zurückgestellt habt. Will das ein Spieler denn tatsächlich, dann, wenn er mit seinem Helden auf virtueller Mission geht?
Eine arme Sau ist dieser Raiden wirklich. Nachdem er auf der Plattform angekommen und sich seiner Tauchermaske entledigt hat, entpuppt sich der neue Held als einer von vielen androgynen Japanschönlingen. Das ist noch nicht einmal das große Problem (auch wenn gerade im Westen dieses Phänomen weitestgehend abgelehnt wurde). Das Problem ist, dass Raiden zwar kämpfen kann (wesentlich filigraner als Solid Snake), doch ansonsten eine riesengroße Flasche ist. Er zweifelt an jedem seiner Schritte, bekommt in jedem nur erdenklichen Dialog übers Maul gefahren, da ihn keine Sau ernst nimmt und lässt sich während des Einsatzes von seiner Freundin den Kopf geraderücken. All das also, was die meisten Männer auf ihrer virtuellen Reise NICHT sein wollen, dürfen sie jetzt zusammen mit Raiden durchleben. Also schön, wir haben einen zweifelnden Helden, der im direkten Vergleich zu seinem Vorgänger wie Milchbrei zu Holzfällersteak wirkt. Doch was soll es auch, es ist eben etwas Neues, also sehen wir dem jungen Mann bei seiner Reife zu. Um der Ehre genüge zu tun, wird Raiden in folgenden Metal Gear-Titeln noch zu einer richtig coolen Sau, wovon er bei MGS2 leider noch Lichtjahre entfernt ist. Wir bleiben also tapfer und warten auf das, was da kommen mag.

Oder hätten besser gleich das Spiel in die Tonne getreten.
MGS2 Official artwork of Fortune by Yoji ShinkawaNoch relativ am Anfang trifft Pussi-Raiden auf einige Terroristenhandlanger und sieht, wie einige seiner SWAT-Team-Kollegen ihr Ende finden. Einer der Überlebenden sieht aus wie Solid Snake, hat sogar dessen Stimme und nennt sich Pliskin (auch eine Anspielung auf den Hauptdarsteller von „Escape from New York“). Es ist Solid Snake, inkognito und in eigener Sache und wir dürfen ihn NICHT spielen. Zu diesem Zeitpunkt ist das in etwa so, als hielte man einem Verhungernden ein Truthahn-Sandwich unter die Nase. Es geht also weiter mit Lady-Raiden. Rose nervt, der Colonel ist langweilig und die Bossgegner der Terrorgruppe, die sich übrigens „Dead Cell“ nennt, sind ebenfalls zum Einschlafen. Wer sind die Jungs und Mädels überhaupt? Da wäre Fatman, ein fetter bombenlegenderTyp auf Rollschuhen, der sich die Nägel lackiert (so etwas dürfen nur Rockstars, Gothics oder metrosexuelle Fußballspieler) und dabei um das Prädikat „Klamauk“ nicht herumkommt. Dann hätten wir Fortune, eine depressive Soldatin, die durch nichts getötet werden kann, da Geschosse vorher ihre Flugbahn ändern und Granaten sich als Blindgänger erweisen. Ach, und da wäre auch noch Vamp. Ein Kerl mit Fangzähnen, der laut Aussage mancher Frauen nicht einmal übel aussehen soll, doch ansonsten wie seine Kollegen einfach nur erschöpfend langweilig ist. Er kann nicht getötet werden, weil eben ein Vampir, weshalb er sich sogar nach Kopfschüssen nach kurzer Zeit wieder regeneriert. Rekapitulieren wir also: Wir haben einen fetten Rollschuhfahrer, eine depressive Schnalle, die nicht sterben kann, weil sie vom Glück verfolgt wird und einen ebenso unsterblichen Vampir. Ursprünglich waren weitere Mitglieder für Dead Cell eingeplant gewesen, mit Namen wie Chinaman und Oldboy. Diese wurden jedoch aus Zeitmangel verworfen und geschichtlich so eingereiht, dass beide bereits vor den Ereignissen ihr Ende fanden. Chinaman konnte wie Jesus über das Wasser laufen. Das und sein bescheuerter Name qualifizierten ihn bereits für Dead Cell. Oldboy, ein ehemaliger Wehrmachtsoffizier, sollte den Scharfschützenteil der Gruppe übernehmen. Auch er hätte das Ganze bestimmt nur noch schlimmer gemacht. Wenigstens waren beide nicht unsterblich.
Nicht zu vergessen, die Riege hat auch ihren Anführer, zu dem wir noch kommen werden. Doch da wäre noch ein weiterer Plattform-Besatzer, der kein Unbekannter ist. Ein Tipp: Er hat einen Arm, der ihm eine andere Persönlichkeit aufzwingt.

Plädoyer beendet.

Ich will niemanden beleidigen, der das alles auch nur ansatzweise interessant findet. Doch wer mir ernsthaft weismachen will, dass diese Gurkentruppe (Verworfene wegen mir noch mit eingeschlossen) im Vergleich zu den ehemaligen Shadow Moses-Terroristen auch nur mit einer 4- abschneidet, der geht ganz sicher noch mit Mutti seine Hosen kaufen.
Irgendwann mischt sich dann auch noch ein Ninja in das Geschehen ein, ganz wie in MG1. Allerdings ist es den meisten Spielern nach einer Weile schon längst egal. Denn alles in diesem Spiel scheint so uninspirierend, Dialoge wirken deplatziert oder aufgesetzt. Auch die übliche Philosophie über Krieg und Moral eines Soldaten und die unter dem Strich entstandene Botschaft möchten nicht so richtig rüberkommen. Das bisherige Schicksal von Raiden, das eines bluttrünstigen Kindersoldaten, wirkt allenfalls unglaubwürdig und spätinszeniert. Unverschämt werden Elemente aus dem ersten Teil in den Spielverlauf eingebaut (dazu wird gegen Ende eine schlechte Erklärung geliefert), die nicht im Geringsten zünden können. Wer nach dem Tod von Sniper Wolf im ersten Teil unmenschlich wirkte, wenn er nicht mindestens eine Träne weinte, kann hier entspannt aufatmen, wenn Dr. Emrichs nervige Schwester dann endlich getötet wird.
Otakon und Snake treten auch noch auf den Plan. Doch selbst der Einsatz von Solid Snake (der sich dann irgendwann als solchen zu erkennen gibt) und Dr. Hal Emrich können den bis dahin entstandenen Schaden einer misslungenen Fortsetzung nicht mehr eindämmen. Ein chaotisches und unübersichtliches Wirrwarr von Verschwörungen und Intrigen, die weniger gesellschaftskritisch als mehr unglaubwürdig erscheinen. Man bemerkt, mit welch kraftloser Mühe die Produzenten auf den großen Aha-Effekt hinaus bauen wollten, der dann aber doch wie das berühmte Hornberger Schießen endet.

Endlich ein Ende.
Am Ende kämpfen wir gegen gleich drei Metal Gears. Auch hier wurde wie so oft auf Quantität statt auf Qualität gesetzt. Da Snakes Zwillingsbruder nur noch als Arm existiert und Liquid-Ozcelot für kommende Teile eingeplant wurde und daher nicht sterben darf, muss ein neuer Klon herhalten, um als Endboss eins auf die Rübe zu bekommen. Deshalb betritt „Solidus Snake“ die Bühne, ein weiterer Zwilling von Solid und Liquid, von dem seltsamerweise niemand in Teil 1, als der Entstehungsvorgang der beiden genaustens erläutert wurde, ein Sterbenswort erwähnte. Hier musste also die Logik für einen unterdurchschnittlich interessanten Charakter herhalten. Praktischerweise wird Solidus dann einfach als eine von vielen „geheimnisvollen“ Entlarvungen dargestellt und fordert Raiden zum langweiligsten Endkampf der gesamten Reihe.
Und was ist sonst noch so geschehen? Es stellte sich heraus, dass der über Codec verbundene Colonel nichts weiter als eine KI war, die gegen Ende hin abstürzte. Da Raiden dem Colonel vorher nie begegnet sein soll, dachten sich die Produzenten auf diese Art das Ganze als glaubwürdig verkaufen zu können. Sie sollten sich irren. Auch Freundin Rose ist nicht das, was sie vorgibt. Zwar ist sie keine KI, sondern eine Agentin aus Fleisch und Blut, die sich wegen ihrer Pflichten an Raiden heranmachte, um ihn besser beschatten zu können. Doch wie sollte es anders sein, sie verliebte sich letzten Endes dann doch in die ahnungslose Rotznase, der daraufhin ziemlich angepisst reagiert und... Mit anderen Worten, es wurde ein ganz alter Hut aus dem hintersten Regal des Handlungschranks hervorgezogen. Doch auch dieser Teil der Story wirkt derart konstruiert, dass man gar nicht weiter drauf eingehen will. Auf der verzweifelten Suche nach Effekthascherei stolperten die Autoren mehrfach über ihre eigenen Füße.

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Laut Ocelot soll hinter alledem auch ein Plan mit Raiden gesteckt haben, doch um ehrlich zu sein, habe ich den Großteil davon vergessen oder gar verdrängt.
In etwa: Raiden sollte eine ganz ähnliche Mission wie Solid Snake durchlaufen. Daher auch die vielen schlechten Kopien aus dem ersten Teil. Doch scheint es eher so, als wollten die Produzenten mit dieser fadenscheinigen Erklärung nur den Mangel an neuen Ideen übertünchen. Gleichzeitig will man uns also glauben machen, dass eine einzige Mission einen Solid Snake ausmacht. Oder mit anderen Worten: Weichei Raiden soll nach nur einer Mission, die man in hundert Jahren nicht mit dem Einsatz auf Shadow Moses Island vergleichen kann, zu einem Solid Snake werden. Einem Soldaten, der bereits vor seinem Alaskaeinsatz zahlreiche Terroristen zum Frühstück hatte und sogar den großen Big Boss selbst besiegte (zumindest nach dem Wissensstand gegen Ende des zweiten Teils). Auch hier wurde sich um Kopf und Kragen gebookt. Unglaublich, dass die Autoren bei Konami mit so etwas Geld verdienten. Zu Zeiten der Heian-Periode hätte man ihnen dafür die ungeschickten Hände abgehackt.

Die Frage nach dem Warum?
Ja, warum eigentlich? Warum hatten Konami das getan? Gerade als Solid Snake, ein Mann im besten Alter, so richtig in Fahrt kam, degradierten ihn Kojima und Konsorten zur Randerscheinung. Spieler hatten ihren Helden noch lange nicht satt und mussten sich bei dieser ersehnten Fortsetzung mit einer dünnen Geschichte und einem subalternen Jüngling als Protagonisten zufriedengeben. Auch von Meryl, der gefundenen Liebe des einst so einsamen Soldaten, fehlte bis Dato jede Spur. Somit bot sich die Vermutung an, dass sie es nie lebend von Shadow Moses schaffte (wie in einem der alternativen Enden) und auch das löste bei den Wenigsten besonders freudige Gefühle aus. Denn es kam mit einem Versagen von Solid Snake gleich, der das Mädchen am Ende nicht retten konnte.
Als wäre das alles nicht genug, durften sich die Spieler durch hölzerne Dialoge, uninteressante Nebencharakter und einschläfernde Schauplätze wursteln. Auch das leicht erneuerte Kampfsystem und die neuen Waffen konnten an all den Pleiten, Pech und Pannen nichts mehr ändern. Was blieb, war die Hoffnung auf kommende Teile sowie der bittere Beigeschmack einer Enttäuschung und der Tatsache, dass Metal Gear Solid 1 nicht die Regel, sondern die Ausnahmeerscheinung einer ansonsten soliden Spielereihe sein sollte.

(DPR)



Witchers Journal, Jg. 2, Nr. 5 vom 22.12.2014, S. 6-11


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